\chapter{Allgemeines über Pestizide \dominic} \section{Begriff und Definition} \quellex{Umweltchemie; Claus Bliefert; VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-69451 Weinheim 1994; (ISBN 3-527-28692-6)} Der Begriff \G{Pestizide} ist die aus den lateinischen Worten ``pestis'' für Pest und ``cidere'' töten zusammengesetzte Bezeichnung für Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel. \quellex{Wolfgang Odzuk; Umweltbelastungen/Belastete Ökosysteme; Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1982; (ISBN 3-8001-2496-3)} Im deutschen Pflanzenschutzgesetz in der Fassung vom 14. Mai 1998 werden Pflanzenschutzmittel als \begin{quotation} \dots{}Stoffe, die dazu bestimmt sind, \begin{enumerate}[(a)] \item Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen, \item Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse vor Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen zu schützen, die nicht Schadorganismen sind, \item die Lebensvorgänge von Pflanzen zu beeinflussen, ohne ihrer Ernährung zu dienen (Wachstumsregler), \item das Keimen von Pflanzenerzeugnissen zu hemmen, \end{enumerate} ausgenommen sind Wasser, Düngemittel im Sinne des Düngemittelgesetzes und Pflanzenstärkungsmittel; als Pflanzenschutzmittel gelten auch Stoffe, die dazu bestimmt sind, Pflanzen abzutöten oder das Wachstum von Pflanzen zu hemmen oder zu verhindern, ohne dass diese Stoffe unter Buchstabe a oder c fallen; \end{quotation} \noindent beschrieben und definiert. \section{Aufteilung der Pestizide} \quelle{http://www.fh-hoexter.de/fachbereiche/fb8/fachgebiete/chemie/downloads/pestizide.pdf} \quellex{Kleine Giftkunde; Gisela Wurm; 5. vollständig überarbeitete Auflage; Govi-Verlag, 1996} Pestizide umfassen eine große Wirkungsbreite und teilen sich in verschiedene Wirkgruppen ein. Anhand einer alphabetischen Auflistung der Wirkgruppen wird das große Spektrum der Pestizide deutlich. \begin{tabular}{ll} Akarizide &Mittel gegen \G{Akariden}, Milben (z.B. Spinnmilben)\\ Algizide &Mittel gegen Algen\\ Aphizide &Mittel gegen Blattläuse\\ Fungizide &Mittel gegen Pilze\\ Herbizide &Mittel gegen Unkräuter\\ Insektizide &Mittel gegen Insekten, Gliederfüßer\\ Larvizide &Mittel gegen Insektenlarven\\ Molluskizide &Mittel gegen Weichtiere (z.B. Schnecken)\\ Nematizide &Mittel gegen Fadenwürmer, Ringwürmer (z.B. \G{Älchen})\\ Ovizide &Mittel gegen Insekteneier\\ Rodentizide &Mittel gegen Nagetiere\\ Virizide &Mittel gegen Viren\\ \end{tabular} \bigskip \quellec[5]{http://www.fh-hoexter.de/fachbereiche/fb8/fachgebiete/chemie/downloads/pestizide.pdf} Die Anteile der Zahl insgesamt hergestellter Pestizide sind sehr verschieden. Die drei Wirkgruppen der Fungizide, Herbizide und Insektizide machen zusammen 90\% aller hergestellten Pestizide aus und haben weltweit die größte Bedeutung. \section{Form, Anwendung und Gebrauch von Pestiziden} \quellec[1]{Umweltchemie; Claus Bliefert; VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-69451 Weinheim 1994; (ISBN 3-527-28692-6)} \quellex{Folienserie des Fonds der Chemischen Industrie, Textheft 10; Pflanzenschutz; Hrsg. Fonds der chemischen Industrie zur Förderung der Chemie und biologischen Chemie im Verband der Chemischen Industrie, Karlstraße 21, 6000 Frankfurt/Main, November 1992; (ISSN 0174-366-X)} Ein Pestizid ist nicht nur der Wirkstoff allein, dieser würde sich nur in Ausnahmefällen direkt ausbringen lassen. Die physikalischen Eigenschaften eines Wirkstoffes oder die geringen Mengen, die pro Hektar ausgebracht werden sollen, verlangen meist eine Aufbereitung eines Wirkstoffes mit Zusatzstoffen. Wirkstoff und Zusatzstoff bilden das Pestizid, wobei die Zusatzstoffe die Eigenschaften und Wirkungsweise des Wirkstoffes noch verbessern können. Zusatzstoffe sind: \begin{itemize} \item Haftmittel zur besseren Haftung des Spritzbelages \item Netzmittel zur besseren Benetzung, bzw. Verteilung des Spritzbelages \item Schaumbremser zur Verhinderung zu starker Schaumentwicklung beim Ansetzten und Einfüllen der Spritzbrühe \item Emulgatoren zur feinsten Verteilung eines öligen Mittels in Wasser \item Warnfarbstoffe bei giftigen Wirkstoffen (z.B. Giftgetreide) \item Lösungsmittel \item Streckmittel zur besseren Handhabung des Mittels (oftmals 50\% und mehr des Endproduktes) \end{itemize} Durch dieses Zusammenführen der Wirkstoffe mit Zusatzstoffen wird ein Pestizid in Form gebracht, d.h. formuliert, sodass es transport- und lagerfähig, sowie vom Anwender einfach und sicher anzuwenden ist. \quellex{Zum Beispiel Pestizide; Hrsg. Pestizid-Aktions-Netzwerk; Red.: Carina Weber; Jürgen Knirsch; Göttingen: Lamuv-Verlag, 1991; (ISBN 3-88977-268-4)} Pestizide werden in vielen Bereichen eingesetzt, sowohl zur Vorbeugung als auch zur Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten, Schädlingen oder Unkräutern. Einige der bekanntesten Einsatzorte sind in der Landwirtschaft, im Gartenbau und in der Forstwirtschaft. Die verschiedenen Pestizidgruppen haben auch verschiedene Anwendungsgebiete. Herbizide werden generell überall dort eingesetzt, wo störender Bewuchs vernichtet werden soll, so z.B. in Kleingärten, am Straßenrand, auf Gleisanlagen und Truppenübungsplätzen. Insektizide werden vorrangig auf Feldern eingesetzt, aber auch gegen Parasiten bei Mensch und Tier, sowie gegen krankheitsübertragende Insekten. Insektizide und Fungizide werden unter anderem auch zum Materialschutz, vor allem bei Holz, verwendet. Die Geschichte hat auch eine sehr untypische Verwendungsweise der Pestizide hervorgebracht, den Einsatz zur Vernichtung von Nahrungs- und Lebensgrundlagen von Menschen, so auch im Vietnam-Krieg, der weder Anfang noch Ende dieser Zweckentfremdung darstellt. \quellex{Sachkundig im Pflanzenschutz; Arbeitshilfe zum Erlangen des Sachkundenachweises im Pflanzenschutz mit einem Fragenkatalog als Beilage; Dr. Klaus König, W. Klein, W. Gabler; 2. überarbeitete Auflage; BLV Verlagsgesellschaft mbH, München, 1988; (ISBN 3-405-13595-8)} Die praktische Anwendung der Pestizide erfolgt heutzutage meist maschinell. Pestizide werden mit Pflanzenschutzgeräten auf einer bestimmten Fläche, der Pflanze oder dem Boden, möglichst gleichmäßig verteilt, um größtmögliche Erfassung aller Zielorganismen zu erreichen. Ihre Ausbringung ist in vielen verschiedenen Formen und Verfahren möglich. \begin{figure} \centering \includegraphics[width=\textwidth]{diagramme/anwendung} \caption{Ausbringung von Pestiziden} \end{figure} \begin{description} \item[Spritzen] Beim Spritzen wird die Behandlungsflüssigkeit, auch Spritzbrühe genannt, unter Druck über Düsen ausgebracht. Die Tropfengröße schwankt zwischen 0,15 und 0,60 mm Durchmesser. Im Obst-, Wein- und Hopfenbau werden Gebläsespritzen eingesetzt, wobei die Spitztropfen mit einem Luftstrom auf die Pflanzen gebracht werden. \item[Sprühen] Beim Sprühen wird die Behandlungsflüssigkeit (Brühe) durch Luftdruck in sehr feine Tröpfchen mit einem Durchmesser von 0,05--0,15 mm zerstäubt. Der Wasserbedarf ist daher geringer als beim Spritzen, wegen der kleinen Tröpfchen ist jedoch die Abdriftgefahr höher. \item[Nebeln] Beim Nebelverfahren wird die Behandlungsflüssigkeit in noch kleineren Tröpfchen mit einem Durchmesser von 0,005--0,05 mm verteilt. Dieses Verfahren ist nur für die Anwendung in geschlossenen Räumen geeignet, z.B. in Gewächshäusern. \item[Gießen] Beim Gießen wird die Behandlungsflüssigkeit mit einfachen oder speziellen Gießgeräten, also auch Gießkannen, ausgebracht. Dieses Verfahren findet vor allem im Feld\-ge\-müse- und Gartenbau Anwendung. \item[Streichen] In diesem Verfahren werden die Pflanzen mit konzentrierter Behandlungsflüssigkeit bestrichen. In der Ampferbekämpfung mit wird mit einem Dochtstreichgerät gestrichen. \item[Streuen] Das Pflanzenschutzmittel wird in Granulatform ausgebracht. \item[Stäuben] Das pulverförmige Pflanzenschutzmittel wird mit Hilfe eines von einem Gebläse erzeugten Luftstromes zerstäubt. \item[Verbrennen, Verdampfen] Das Pflanzenschutzmittel kommt als Räucher- oder Verdampfungsmittel in geschlossenen Räumen zum Einsatz. \item[Begasen] Der Wirkstoff wird durch chemische Reaktionen in gasförmiger Form freigesetzt. Dieses Verfahren wird zur Bekämpfung von Vorratsschädlingen oder Wühlmäusen eingesetzt. \item[Beizen, Inkrustieren] Beim Beizen oder Inkrustieren wird das Pflanzenschutzmittel an das Saatgut angelagert, dieses bekämpft somit Saatgutschädlinge. \end{description} %%% Local Variables: %%% mode: latex %%% TeX-master: "doku" %%% End: